Du bist einfach mies


Haben schöne Menschen mehr miese Eigenschaften? Oder wirken schöne Menschen einfach nur eingebildeter, arroganter, gar hochnäsiger auf jene, mit denen es die Natur nicht so gut meinte? Natürlich liegt Schönheit nach wie vor im Auge des Betrachters. Zwei, drei oder mehr, die sich gefunden haben und gut miteinander sympathisieren wie auch harmonieren können die Welt anfangs, bis die Gewohnheit eintrifft, durch die Rosa-Brille sehen. Es kann aber auch sein, dass sie einfach miteinander harmonieren. Dieser Artikel soll also nicht von harmonischer Zusammenkunft handeln. Nein. Er handelt davon, dass für beinahe jeden Anfang mit weiteren Folgend die äußerliche Wahrnehmung des Gegenübers verantwortlich ist.

Ich kann dich gut riechen!

Eine Ausnahme stellt die Wahrnehmung über Geruchsreize dar. Jeder Mensch besitzt einen individuellen Köperduft. Die biochemische Bezeichnung für dieses genetische Profil lautet Human Leukocyte Antigen (HLA). Würde man also die Selektion des Partners den HLA-Genen überlassen, würde die Wahl auf den am besten zu den eigenen Genen passenden Mensch fallen – dadurch immunstabilerer Nachwuchs gezeugt werden könnte.

Tarnen und täuschen

Um nicht durch den Rost der evolutionsbiologischen Selektion zu fallen pudert und parfumiert Mann oder Frau sich am besten. Wenn man nicht gerade auf eine kurzsichtige Blindschleiche trifft, wird das Pudern und Parfumieren gewiss zum Siege führen Dank der erspähten optischen Reize. Was dabei an Nachwuchs rauskommt steht in den Sternen. Jedenfalls wird’s ein Kind – sofern man es darauf abgezielt hat. Wenn man dann nach einem knappen achtel Jahrhundert einen Balg am Hals hat, der sich komisch benimmt, dann wohl nur weil Papa sich gut mit dem ach so tollen Markenparfum eingequastelt hatte und Mamma es ihm gleich tat. Das Ergebnis – sei es noch so ein krummer Zahnspangentyp mit abartigen Anwandlungen, Mama und Papa lieben ihr Produkt der Liebe – fackelt nun das Kinderzimmer ab.

Wo wir schon ein fiktives Pärchen haben, bleiben wir gleich bei diesem. Gesetz dem Fall, dass Männlein und Weiblein nicht ihre natürliche Duftnote mit Fremdgerüchen übertunken und die Augen besser funktionieren als das Hirn, ist es höchst wahrscheinlich, dass die Partnerwahl trotzdem anhand der optischen Wahrnehmung erfolgt weil das Hirn nicht im Einklang mit den Augen steht. Um eine Psychologieexpertin zu zitieren …

„Schön vergeht mies bleibt“
(Zitat: Dr. Irene Kabanyi / Psychologin & Schriftstellerin)

… könnte man das Zitat nun auf zwei Varianten auslegen.
Variante 1: Schön vergeht genau dann, wenn man die rosa Brille ablegt.
Variante 2: Ein beautiful mind ist jeder Schönheit erhaben.

Aber was passiert, wenn man dann tatsächlich nach Variante 1, die Rosa-Brille ablegt und sich „auweia“ denkt weil man plötzlich wach wurde? Das Gegenüber hat Augen, also da hat ein Dackel weit mehr Laszivität in seinem Augenaufschlag. Es hat Zähne, da würde sich jeder Zahntechniker krumm verdienen und obendrein hätte der Dentist auch für die nächsten 15 Jahre ausgesorgt. Es hat kahle Stellen am Kopf – so ein Ding wo die Stirn durch die Matte gewachsen ist, also nicht Fisch nicht Fleisch sondern ein bisschen da ein bisschen dort und ein komischer Muschiflaum oben drauf der sich bei leichtem Wind aufstellt wie die Haare eines frisch geborenen Elefantenbabys. Es verschlingt laut allabendlich das Essen, da fände man mehr Etikette und Manier im Schweinestall und im Gesamten ist Gollum aus Herr der Ringe ein weitaus attraktiverer Anblick als der hier beschriebene Typus. Dieser Typus ist definitiv der Renner. Mainstream. Eine Nummer. Untauglich und unbrauchbar für Menschen mit gutem Geschmack. 

Und bei Variante 2, was wenn man stets unzufrieden ist mit der Optik des beautiful Mindes? So oft kann man hier überhaupt nicht die Augen schließen, dass man sich selber zu Leistungen überwinden könnte, bei dem das kleinste Blinzeln zum größten Versagen führen würde. Guter, guter, guter Mensch. Aber alles andere passt halt überhaupt nicht. Da klopft dann wohl auch, über kurz oder lang, der Spruch an der Türe „lass uns Freunde bleiben“.

Weil es so unterhaltsam ist, graben wir nun Variante 3 aus der Lade und legen uns einfach präventiv jemanden zu der mies und minder attraktiv ist. Da wird die Harmonie leider auch nicht Einzug ins Gemüt halten weil solche MMA-Typen genau dadurch bestärkt werden, sich selber einzureden, dass sie selber der Jäger waren und eine tolle, geile Beute gemacht hätten. Genau das würde bei diesen MMA-Typen dann zur (absolut unnötigen) Steigerung des Selbstwertgefühles beitragen dadurch diese auch noch überheblich werden.

Doch bevor jetzt der Frust Einzug ins Gemüt hält, eine gute Nachricht. Natürlich gibt es geistig und optisch schöne Menschen. Zu finden sind beide Eigenschaften entweder in einzelnen Personen oder – und das ist absolut rar – eher seltener in und an einem einzigen Menschen. Aber geben soll es sie, jene die gänzlich okay sind und sich nicht der Spiegelung des Gegenübers hingeben. Wenn man so jemanden doch nicht findet, dann verlässt man sich am besten auf die Augen – lieber schönmies anstatt miesmies.

Und nun zur ganz schlechten Nachricht. Solche optisch wie auch geistig schöne Menschen sind absolut rar (jetzt dürfen sich weder Fremdgeher einbilden, dass sie selber geistig schöne Menschen wären noch Weiber, die eine Ehe mit Trauschein (man ist nicht schön, wenn man einen Vertrag benötigt als Zeichen des Misstrauens – pfui!) führen) und wenn sie vergeben sind, dann haben sie meist genau solch einen Typus am Hals, der sich in jeder Hinsicht disqualifiziert. Ob sie sich gut riechen konnten in der Kennenlernphase? Sagen wir der Einfachheit halber ja. Bleibt zu hoffen, dass es hier rasch zur Trennung kommt, damit jeder zu einem Menschen findet, der besser zur Persönlichkeit passt. 

Gleich und gleich gesellt sich leicht. Da es ja sehr, wirklich sehr wenige integere Menschen gibt, die womöglich noch Biozentrisch veranlagt sind wird sich so hin mies und mies zusammen finden. Und schon werden hintereinander ein paar Zöglinge produziert (das miese Genmaterial muss ja erhalten bleiben), die in einigen Jahrzehnten wohl selber auch welche zeugen werden. Bleibt zu hoffen, dass der Kampf der genetischen Vererbung ebenso langsam fortschreitet wie der Mensch, der irgendwann wohl ein kollektives friedliches Dasein pflegen wird. Warum die Mehrheit noch nicht dem Frieden frönt? Ja was wird denn da vererbt die ganze Zeit, also …?

Lassen wir also den Sinn des Daseins des Menschen auf diesem Planeten außer Acht und erheben unser Glas auf die vielen tollen Duftwolken aus den Häusern wie Burberry, Armani, Donna K., Luici oder Hansi. *chin*chin*


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